Meist bleiben die Besucher gleich am Eingang stehen, wenn sie die Schlosskirche betreten. Vor ihnen öffnet sich ein Raum in unerwarteter Größe. In einzigartiger Weise werden barocke Prachtentfaltung und die schlichte Betonung der architektonischen Linien des Baukörpers miteinander verschränkt.
In der kleinen Residenzstadt Weilburg an der Lahn steht eine der wichtigsten lutherischen Predigtkirchen aus der Barockzeit. Nur mit der Frauenkirche in Dresden oder dem Hamburger Michel lässt sich der Kirchenbau vergleichen. Die Medaillons der vier Evangelisten oder die Darstellung der Trinität sind ein Hinweis darauf: Hier steht die Verkündigung des Evangeliums nach protestantischer Tradition im Mittelpunkt. Auch die über und über goldverzierte Kombination aus Altar, Kanzel und Orgelprospekt steckt voller Reminiszenzen an die Botschaft der Bibel.
Auf der dem Altar gegenüberliegenden Seite des Kirchenraums befindet sich eine Herrscherloge. Hier hat die lutherische Lehre vom Reich der Welt und dem Reich der Kirche baulich Gestalt gewonnen. 1707-1713 ließ Johann Ernst von Nassau-Weilburg die Kirche als Teil seiner Residenz errichten. Der absolutistische Herrschaftsanspruch vergangener Zeiten schuf eine Kirche, die nun von einer demokratisch verfassten evangelischen Gemeinde genutzt wird. Wie das zusammengeht, erläutern die Veranstaltungen zum diesjährigen Tag des offenen Denkmals in Weilburg.
Der Geschichtsverein Weilburg e.V. und die Bürgerinitiative „Alt-Weilburg“ haben sich mit der Evangelischen Kirchengemeinde zusammengetan. In und an der Schlosskirche organisieren sie ein vielseitiges Tages-Programm unter dem Motto „Macht und Pracht“. „In besonderer Weise visualisiert die Weilburger Schlosskirche das diesjährige Motto zum Tag des offenen Denkmals“, erklärt Pfarrer Guido Hepke von der Evangelischen Kirchengemeinde Weilburg. Um die vielfältige Geschichte der lutherischen Barockkirche sichtbar werden zu lassen, haben sich Akteure aus Vereinen und Gemeinde Modulführungen entwickelt. In 30 Minuten können zum Beispiel Dachstuhl und Turm der Kirche besichtigt werden. Eine andere halbstündige Führung richtet das Augenmerk der Besuchenden auf die Herrscherloge und den Beichtstuhlraum – zwei architektonischen Besonderheiten der Schlosskirche. Auch der Innenraum der Kirche mit seinem reichen Figurenschmuck ist Gegenstand einer Modulführung.
„So ist für jede und jeden etwas dabei.“ Beschreibt Matthias Losacker das Konzept. „Die Kirche ist sogar mit dem Rollstuhl zu erreichen“ ergänzt der 1.Vorsitzende des Weilburger Geschichtsvereins. Rudolf Müller von der Bürgerinitiative „Alt-Weilburg“ meint: „Das Programm ist so gestaltet, dass immer auch noch andere Denkmäler in der Region besucht werden können.“
Der Tag in der Schlosskirche beginnt um 10.30 Uhr mit einem Themengottesdienst. Pfarrer Guido Hepke hält unter dem Motto „Macht und Pracht“ die Predigt. Spielszenen in historischen Gewandungen lassen die Entstehungszeit der Kirche lebendig werden. Nach dem Gottesdienst begrüßt der neue Weilburger Bürgermeister Dr. Johannes Hanisch die Gäste und eröffnet den Reigen der Modulführungen. Vertreter von Bürgerinitiative „Alt-Weilburg“, dem Geschichtsverein Weilburg e.V. und der Evangelischen Kirchengemeinde Weilburg laden ein, die Geschichte und Gegenwart der Schlosskirche näher unter die Lupe zu nehmen.
Als Ergänzung zu den Führungen gibt es von 11:30 – 14:30 eine Geo-Schatzsuche unter dem Titel „Reformation“ für Kinder/Jugendliche. Start und Ziel der Aktion ist die Schlosskirche. Die Teilnehmenden werden mit einem GPS-Gerät ausgestattet, um Orte der Reformation in Weilburg aufzusuchen. Mit einem Orgelkonzert um 16 Uhr klingt der Denkmaltag an der Schlosskirche aus.
Ein Beitrag von Pfarrer Guido Hepke
10:30 Uhr: Gottesdienst zum Thema „Macht und Pracht“
11:20 Uhr: Grußwort des Bürgermeisters
11:30 Uhr / 12:30 Uhr / 14:30 Uhr /15:30 Uhr jeweils 3 alternative Modulführungen (Dauer: je 30 min)
11:30 – 14:30 Uhr: Geo-Schatzsuche „Reformation“ für Kinder/Jugendliche
16:00 Uhr: Orgelkonzert
Das diesjährige Programm zum Tag des offenen Denkmals (European Heritage Days) in Weilburg ist eine Premiere. Zum ersten Mal arbeiten die beteiligten Institutionen in dieser Weise zusammen – mit einander ergänzenden Blickwinkeln.
Für die Evangelische Kirchengemeinde Weilburg ist die Schlosskirche die zentrale Versammlungsstätte für ihre 4.000 Mitglieder. Mit Kirchenkonzerten, Ausstellungen und großen zentralen Gottesdiensten ist sie zugleich Leuchtturm der EKHN in der Region.
Die Bürgerinitiative "Alt-Weilburg" e. V. setzt sich ein für die Erhaltung der historischen Altstadt, in deren Mittelpunkt sich die Schlosskirche befindet. Ziel der Bürgerinitiative ist die Erhaltung von Weilburg als Gesamtbild mit seinen liebenswerten Gassen, Plätzen, Häusern, Mauern, Grünanlagen und Brunnen.
Der Geschichtsverein Weilburg e. V. hat das Ziel, alle Sparten der Geschichte und Heimatforschung für die Stadt Weilburg und ihre Stadtteile zu pflegen und legt dabei einen Schwerpunkt auf die Geschichte Weilburgs als Residenzstadt der Nassauer, die sich in der „Schlosskirche Weilburg“ architektonisch widerspiegelt.